Christa Feuerberg
»Skrapnellsche Membran« (1990)
Walzblei, Lötzinn Holz
Karl Ruhrberg: Meditation zur Anschauung
Notiz zur Arbeit von Christa Feuerberg
"Vor allem habe ich versucht, meine Plastik vom 'Piedestal' zu befreien, um ein intensiveres 'Bewußtsein des Bodens' zu gewinnen und daher eine größere Unabhängigkeit von den Beschränkungen, die die Schwerkraft auferlegt." [Phillip King, Kat. Galeria del Arte, Milano 1966. (Zit. nach: E. Trier, Bildhauertheorien im 20. Jahrhundert, 3. Aufl., Berlin 1984.)]
Spätestens seit der Documenta 6 von 1977 steht die Bodenplastik im Mittelpunkt des Interesses vieler Bildhauer und ihres Publikums. Sie ist die letzte Konsequenz aus dem Unbehagen am Piedestal, das sich im Laufe der Jahrhunderte von einem scheinbar notwendigen Requisit in ein pathetisches Ausdrucksmittel verwandelt hatte.
Inzwischen sind die Formen und die Ausdrucksmöglichkeiten der horizontalen Skulptur genau so reich und so vielfältig wie die der vertikalen. Sie schließen rational konstruktives künstlerisches Denken, das die konkrete Umgebung in das Erlebnis des Betrachtens einzubeziehen versucht, ebenso ein wie meditatives Vorgehen, das Materialität und Spiritualität gleichermaßen umgreift, das die verfließende Zeit in Anschauung und Reflexion im Wechselspiel zwischen offener und geschlossener Form anzuhalten und zeichenhaft zu erfassen versucht.
Dies ist die ebenso nachdenkliche wie exakt formulierende Methode der Bildhauerin Christa Feuerberg. Auch in ihrem Werk spielt der sichtbar und erlebbar gemachte Kontrast von imaginierter Form und gewachsener oder gebauter Umgebung eine wichtige Rolle.
Dazu paßt die Benutzung des scheinbar spröden, dichten Materials Blei über einem Holzkern, das nicht durch Eigeneffekte von der formalen Gestaltung und nicht vom differenzierten Spiel des Lichts an der durch gelötete Nähte belebten Oberfläche ablenkt.
Daß viele dieser Arbeiten keine direkte Bodenhaftung haben und sich schatttenwerfend über dem "Bildgrund" erheben, entspricht der gedanklichen Komplexität dieser Arbeiten, die hier nur angedeutet werden kann. Für Christa Feuerberg ist, wenn ich sie richtig verstehe, Kunst ein Philosophieren mit anderen Mitteln, wie Eberhard Roters gesagt hat. Daß diese Art künstlerischen Meditierens sich dem Betrachter unmittelbar optisch erschließt und nicht der theoretischen Erläuterung bedarf, macht die spezifische Qualität dieser Arbeiten aus, die ihrem Wesen nach nicht ins Museum, sondern in eine jedermann zugängliche Umgebung gehören.